Ein Bericht aus der QSP 2/17 von Martin Engel, OE3EMC
Schon vor einiger Zeit habe ich in einer Zeitschrift gelesen, dass ein kleiner Bereich der Mittelwelle um die Frequenz 475 KHz in einigen Ländern für den AFU freigegeben wurde.
Bisher verband ich die Mittelwelle im unteren Bereich mit Rundfunk, See und Flugfunk Diensten. Da ich nicht viel von diesem Wellenbereich wusste, machte ich mich im Internet schlau und wurde auch fündig.
Die Mittelwelle (MW engl. MF Medium Frequency)
Wellenlänge: 1000–100 m 300–3000 kHz
Wellenausbreitung: Bodenwelle, nach Sonnenuntergang sind Raumwellenverbindungen von mehreren 1000 km möglich.
Das 630m AFU Band
Frequenzbereich: 472 kHz bis 479 kHz
TX-Bandbreite: max. 800 Hz
Strahlungsleistung: (Sendeleistung und Antennengewinn) 1W ERP
Freigabe: Die Weltfunkkonferenz 2012 (WRC-12) hat dem Amateurfunkdienst ab dem 1. Januar 2013 den Frequenzbereich 472–479 kHz weltweit mit Sekundärstatus zugewiesen.
Der Sendebetrieb ist in vielen Ländern der EU erlaubt. Der Sendebetrieb in Österreich ist nicht erlaubt!
Empfangstechnik:
Die starken Rundfunkstationen mit einigen KW Sendeleistungen sind ja mit herkömmlichen Equipment relativ leicht zu empfangen, aber wie wird das mit den schwachen AFU Stationen funktionieren?
Meine ersten RX Versuche waren mit meinem IC-756 Pro3 und einer G5RV Antenne für 160m in ca. 15m Höhe. Ich drehte gespannt mit dem VFO zwischen 472-479 plötzlich hörte ich CW Signale wie eine Bake „BIA“. Das ist doch kein AFU Rufzeichen? Nach Recherchen im WWW fand ich das es sich dabei um eine NDB (Non Directinal Beacon) des Flugfunkes in Polen handelte. Solche NDBs sind im Wellenbereich um 630m in den Abendstunden sehr gut zu empfangen. Aber AFU Signale konnte ich leider noch keine hören. Einige Tage später fand ich einen Artikel eines OM aus DL der eine WSPR Bake auf dem 630m Band betreibt.
Noch am selben Abend aktivierte ich das WSPR Programm, stelle die Frequenz 474,2 KHz am Empfänger ein und siehe da, nach einigen Sekunden wurden die ersten AFU Station dekodiert DJ0ABR, PA0A, DH5RAE usw. meine Freude war riesengroß!
Die Feldstärke lag zwischen S0 und S1. Der nächste Schritt das Empfangssignal muss verbessert werden. Da ich gelesen habe für diesen Wellenbereich sind Vertikalantennen mit Dachkapazität optimal, wurde meine G5RV kurzerhand zur MW RX T-Antenne umfunktioniert. Mein Plan die 19m lange Hühnerleiter kurz zu schließen (Vertikalteil), die 63m Schenkel der G5RV dienen als Dachkapazität. Das Radialsystem meiner 80m Vertikalantenne ist das Gegengewicht. Da eine solche Antenne für diese Wellenlänge viel zu kurz ist (Lamda ¼ ist ca.150m lang), muss diese auch dementsprechend angepasst werden. Mit einem herkömmlichen Antennentuner ist dieses nicht möglich, ich entschied mich für die einfachste Lösung dieses mit einem L und C Anpassglied zu ermöglichen. Mit meinem AntennenAnalyzer ermittelte ich die Impedanz (Z), mit dem online Rechner von DG0SA wurde die Werte für 50 Ohm Speisung berechnet. Nach dem Aufbau der Bauteile auf einer Lochrasterplatine ging es zum feinabgleich an der Antenne. Das Ergebnis die Signale lagen jetzt um S5- S7 Stationen aus England und Norwegen konnte ich jetzt empfangen.
Da ich und meine xyl Marion OE3YSC die G5RV oder jetzt MW T-Antenne für andere Bänder benötigen, musste eine andere Lösung her.
Im Weihnachtsurlaub habe ich mir vorgenommen eine Rahmenantenne zu bauen und diese auch zu testen. Als Verbesserung habe ich mir auch noch einen 630m Empfangskonverter von DD3ZE mit 2 Kreisbandfilter der den Frequenzbereich 472-479 KHz auf 10472- 10479 KHz umsetzt zugelegt. Die meisten AFU-Geräte sind in diesem Bereich nicht sehr empfindlich.
Weihnachts-RX Antennenprojekt Bau einer Rahmenantenne
Die Rahmenantenne ist eine magnetische Antenne, diese verwendet nur den magnetischen Teil des Funksignals, daher reagieren die Magnetantenne unempfindlicher auf elektrische Störrungen wie Netzteile, TV und Computer.
Die Rahmenantenne funktioniert wie ein Schwingkreis mit L und C und wird auch so berechnet. Eine solche Antennenform ist sehr selektiv und hat eine ausgeprägte Richtwirkung.
Ich habe auf einem Holz Kreuz mit 100×100 11 Windungen mit Kupferlackdraht im Abstand von 1cm gewickelt. In der Mitte benötigt man eine Koppelwicklung an diese wird das Koax Kabel angeschlossen. Die Spule wird mit einem Drehkondensator in Resonanz gebracht.
Eine sehr gute Bauanleitung für eine Rahmenantenne findet ihr im Netz von Daniel Möller DL3RTL.
Die Rahmenantenne ist eine kompakte billige Lösung die sehr gut geeignet ist um auch leise Signale auf diesem Band zu empfangen. Diese ist sehr selektiv hat aber dadurch eine sehr geringe Bandbreite, durch Abstimmen des Kondensators wird die Resonanzfrequenz verändert.
Meine Rahmenantenne steht auf einem Stativ im Dachboden und ist West-Ost Ausgerichtet. Die Antenne ist auf der Frequenz 474 KHz abgeglichen (sie hat ihren Dip), diese kann von 472 bis 476 KHz ohne weitere Einstellungen verwendet werden. Der 630m Konverter ist direkt an der Antenne montiert und wird ferngesteuert aktiviert bzw. deaktiviert.
Auf dem 630m Band existiert ein gut ausgebautes WSPR Baken Netz, in den Abend und Nachtstunden können diese aus ganz Europa empfangen werden. Auch kann man damit sehr gute Erkenntnisse über die Ausbreitung auf dieser Wellenlänge gewinnen.
Ab und zu habe ich auch schon QSOs oder CQ Rufe in CW und QRSS (sehr langsames CW) von AFU Station um die QRG 472 und 476 KHz empfangen.
Abschließend noch einige Infos über den Sendebetrieb
Auf dieser Wellenlänge werden hauptsächlich Vertikalantennen mit Dachkapazität wie L, T und Regenschirmantennen zum Sendebetrieb verwendet. Diese haben oft einen 15-20m langen Vertikal und 40m oder längeren Horizontalteil. Diese werden mit Ladespulen und Variometer (Veränderliche Induktivität) angepasst. Die Ladespule wird oft aus PVC Rohren mit Hundert oder mehr Wicklungen gefertigt. Diese Antennen haben einen sehr geringen Wirkungsgrad, um die 1W Strahlungsleistung zu erreichen braucht es oft 500W oder mehr Sendeleitung!
Sendebetrieb kann mit Modifizierten Transceiver wie z.B. des IC-735 oder IC-706 (40W Ausgangsleistung) mit nachgeschalteter Endstufe ermöglicht werden. Ein Transmitter Jumer TX500 mit 60W output wird am Markt angeboten. Der Sendebetrieb ist in OE nicht erlaubt!
Fazit, das 630m Band bietet ein interessantes Terrain zum Experimentieren mit Antennen, Empfangstechnik bzw. Sendertechnik Vorausgesetz es ist in dem jeweiligen Land erlaubt! Die Wellenausbreitung auf dieser Wellenlänge bringt neue Erkenntnisse die den meisten Funkamateuren nicht bekannt ist. Betriebsarten wie WSPR, QRSS (extrem langsames CW), CW, JT9 die leicht mit Programmen die mit der Soundkarte arbeiten dekodiert werden können, bietet ein besonders Erlebnis im unteren Bereich der Mittelwelle AFU Signale zu empfangen!
Update:
Nach ausgiebigen Tests der oben beschriebenen 630m Empfangsanlage wollte ich diese mit einer neuen größeren mit mehr Windungen bestückten Rahmenantenne verbessern.
So habe ich im Februar 2017 mit dem Bau einer neuen Antenne begonnen.
Diese besteht aus zwei Leisten mit 1,80 x 1,80m Länge mit 40 Windungen Draht und einem Drehkondensator Bereich ca. 5-200 pf.
Zuerst wurden die Leisten auf die richtige Länge zugeschnitten. Danach begann die mühselige Arbeit jeweils 40 Schlitze für die Drahtführung in die Leiste zu schneiden. Dafür habe ich eine elektrische Säge verwendet, die sich sehr praktisch dafür eignete.
Nach dem Sägen wurden die Latten zu einem Kreuz zusammengeschraubt und mit einem ehemaligen Christbaumständer verbunden. So nun ging es an das verdrahten, dafür verwendete ich einen sehr dünnen isolierten Draht, ca. 130m wurden dafür benötigt. Der nächste Arbeitsschritt war den Draht in die vorbereiteten Schlitze zu spannen. Nach einer halben Stunde Fädelei wurde noch eine sogenannte Koppelschleife an die das Koaxkabel angeschlossen wird gespannt.
So nur war die Antenne in den groben Bestandteilen fertig. Der nächste Schritt, das Ermitteln der Kapazität, dafür wurde die Induktivität der „Spule“ gemessen und die ergab 2,86 mH. Da die Rahmenantenne wie ein Schwingkreis funktioniert habe ich diese auch so berechnet. Der Wert für 474 KHz ergab ca. 40 pF, in der Bastelkiste fand ich einen geeigneten Drehkondensator 5-200 pF den ich für die Abstimmung verwendete. Der Dreko wurde mit der Spule verbunden und der Antennenanalyzer mit einem Stück Koaxial Antennenkabel mit der Koppelschleife. Gespannt drehte ich am Kondensator siehe da es stellte sich eine SWR von 1:1,3 ein. Überglücklich konnte ich mit der Endmontage der Antenne im Dachboden beginnen.
Für den Empfang wurde wieder der 630m Empfangskonverter der das Signal vom 630m auf das 30m Band umsetzt verwendet und dieses an den Empfänger Alinco DX-R8 in das Shack geführt.
Am Abend wartete ich gespannt auf die ersten MW Signale, die NDB Bake BIA aus Polen war bald sehr stark zu empfangen, die Freude war riesengroß! Auch die WSPR Baken konnte ich um vieles stärker aufnehmen als mit der alten Antenne. Weiteres macht die neue Rahmenantenne viel Freude beim Empfang von Amateurfunkstationen in CW, eine davon ist IK2DED Giulio der regelmäßig auf 472,4 KHz CQ ruft.
Ich bin jetzt regelmäßig als Empfangsstation für die 630m WSPR Baken am Abend und in der Nacht QRV. Die Empfangen Stationen werden über das Internet an den WSPR Server geschickt wo diese dann graphisch auf einer Karte dargestellt werden. So hoffe ich auch einen Beitrag für die Erkundung der Wellenausbreitung auf dem neuen für den AFU geschaffen 630m Band beitragen zu können.
Link zu der WSPR Karte: http://wsprnet.org/drupal/wsprnet/map
Wer Interesse hat in WSPR QRV zu werden findet hier eine WSPR Einstiegshilfe:
Betriebsart WSPR Einstiegshilfe
Ich wünsche euch viel Spaß beim Erkunden, experimentieren auf der Mittelwelle.
Vy 73 Martin, OE3EMC